Fernbusse: Billigreisen mit ruinösem Preiskrieg zwischen den Anbietern

Fernbusse sind en vogue wie nie, in den letzten Jahren stiegen immer mehr Menschen für Reisen auch innerhalb Deutschlands in die preisgünstigen Gefährte. Waren es früher nur Schulausflüge und Kaffeefahrten, für die auf die unliebsamen Autobahn-Kriecher zurückgegriffen wurde, ist der Fernbus nun bei Studenten und Sparfüchsen zur attraktiven Alternative zur Bahn oder dem eigenen Auto geworden.

Die Fernbusse haben durch Deregulierung des Marktes und Großinvestoren die Nase vorn im Preiskampf mit der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn kann im Preiskampf mit den zahlreichen Fernbussen aufgrund hoher Fixkosten nicht mithalten.

Hat man keinen Zeitdruck und aufgrund von Mangel an Terminen etwas Zeit zur Verfügung, kann sich die Geduld in bare Münze umrechnen lassen, die man durch den Billig-Bus einsparen kann! Der niedrige Preis ist es aber, der Reiseanbietern den ein oder anderen Schauer über den Rücken jagt – besonders die Deutsche Bahn (DB) beobachtet den derzeitigen Bus-Boom mit Argwohn und Sorge, hat sie doch anders als gewohnt keine Marktmehrheit in der Fernbus-Branche.

Fernbus-Entwicklung bringt Deutsche Bahn in Bredouille

Die neuste Entwicklung der Fernbus-Hippness jedoch ist genau das, was unter anderem Bahnchef Rüdiger Grube Besorgnis bereitet. Mehr als 9 Million Menschen sind allein 2013 mit einem Fernbus gereist, mehr als 200 Linien verbinden mittlerweile die größeren deutschen Städte mit einander. Täglich schlängeln sich die grünen (MeinFernbus.de), gelben (ADAC Postbus) und blau-orangenen (FlixBus) Karosserie-Kolosse über die Landstraßen und Autobahnen, bis 2030 erwarten Experten satte 25 Millionen Fernbus-Reisende. Die Deutsche Bahn jedoch hat den Trend unterschätzt – und muss dicke Einnahmen-Löcher verzeichnen.

Zwar hat die Bahn mit ihren Tochterfirmen BEX (BerlinLinienBus) und IC Bus durchaus einen Fuß in der Fernbus-Tür, muss aber von ihrem hohen Ross des Quasi-Monopols beim Schienen-verbundenen Personentransport steigen. Die Kalkulation der gesicherten Marktposition und des ohnehin kurzweiligen Trends ging nach hinten los, denn anders als Grube prognostizierte ( „vielen von denen, die nun über Nacht ihr Geschäft entdecken, werden auch über Nacht wieder verschwunden sein!“), hält sich der Fernbus hartnäckig.

Fernbus-Plus: Billiger geht’s nicht!

Im Gegenteil, kleinlaut musste der Logistik-Riese DB nun einräumen, er habe die „Dynamik der Entwicklung“ falsch interpretiert und den Markt „unterschätzt“. Die Konsequenz der Fehleinschätzung ist nach eigenen Angaben ein Einnahmen-Rückgang von immerhin 50 Millionen Euro allein in den ersten 6 Monaten diesen Jahres. Beinahe jeder dritte Passagier, der noch vor einiger Zeit ein Bahnticket gelöst hätte, ist nun in einem der preisgünstigen Fernbusse unterwegs zu seinem Ziel. Die Deutsche Bahn hat Marktforschern von IGES zufolge gerade einmal 15 % Marktanteil in der Fernbus-Branche.

Und das wird sich kaum ändern können: Hat die Bahn in der Zwischenzeit zwar ihre Produktpalette von einem 78 € teuren ICE auf einen 19,90 € teuren IRE aufgestockt, hat sie im Vergleich zum 8 € teuren Fernbus auf der Strecke Hamburg-Berlin noch immer das Nachsehen. München-Freiburg ist mit einem Startpreis von 7 € ebenfalls deutlich billiger per Bus als per Zug. Womit die Bahn jedoch Punkte wettmachen kann: sie ist garantiert staufrei!

DB: Konkurrenz zu Fernbussen aufgrund hoher Fixkosten und Deregulierung utopisch

Allerdings, so lässt der Bahnkonzern verlauten, sei es nahezu utopisch, mit derartigen Preisen der Fernbus-Anbieter konkurrieren zu können. Die Fixkosten der Deutschen Bahn – die Kosten also, die unabhängig von der Auslastung der Kapazitäten und Quantität der Fahrgäste selbst bei Nicht-Betrieb aller Züge anfallen – übersteigen die niedrigen Preise der Bus-Konkurrenz, allein die Trassengebühren sind höher als ein Fernbus-Ticket.

Der Bus ist hier durch die jüngste Entwicklung der Deregulierung des Marktes klar im Vorteil: Durch die Möglichkeit der kostenlosen Nutzung der Autobahn entfallen für Busunternehmen diese Art von Kosten somit von vornherein gänzlich.

Vom aktuellen Beispiel der Fernbus-Popularität lässt sich deutlich ableiten, was eine Deregulierung eines zuvor regulierten Marktes zur Folge haben kann. Bis Ende des Jahres 2012 war es gesetzlich verboten, derartige Distanzen per Fernbus zurückzugelegen, lediglich Kurzstrecken oder Touristikfahrten waren den Busunternehmen erlaubt. Das Gesetz sollte die Deutsche Bahn vor einer derart unschlagbaren Konkurrenz bewahren.

Durch den seit Ende 2012 zugelassenen freien Wettbewerb sind nun Fernbus-Unternehmen wie Pilze aus dem Boden geschossen, immer mehr Anbieter mit dem unbedingten Streben nach einem noch billigeren Preis Tummeln sich auf der Spielwiese der Personen-Logistik. Die Crux an der Sache: Hinter einigen der neuen Anbieter stehen Großinvestoren, die mit schier unbändiger Kapitalstärke die weniger vermögende Konkurrenz mittel- bis langfristig durch ruinöse Preise aus dem Markt drängen können.

Auch die Deutsche Bahn muss sich gegen diesen Kapitalkrieg wappnen, geht es momentan doch scheinbar nur darum, langfristig den Anschluss nicht zu verpassen, um auf sich wieder normalisierende Preisverhältnisse beim Personenverkehr zu hoffen.