Versicherungen: Sind Unisex-Tarife doch diskriminierend?

Vor allem Frauen sollten jetzt noch ihre Chance nutzen und vor Jahresende eine Risikolebensversicherung abschließen. Denn ab nächstem Jahr werden sie aufgrund der Unisex-Tarife satte Aufschläge in Kauf nehmen müssen.

einheitliche Papiermännchen

Alle privaten Versicherungen müssen am 21.12.2012 ihre Tarife auf ‘unisex’ umstellen. Das wird je nach Versicherungssparte entweder Frauen oder Männer jeweils mehr kosten.

Die in Deutschland ab 21.12.2012 geltenden Unisex-Tarife setzen Frauen unter Zugzwang. Generell könnten zumindest Risikolebensversicherungen für das weibliche Geschlecht deutlich teurer werden, Experten befürchten jedoch, dass die Versicherer sämtliche Tarife neu kalkulieren und Preisaufschläge erheben. Finanztest hat die Auswirkungen von Unisex-Tarifen untersucht, mit prekärem Ergebnis: Vermutlich wird es für alle Versicherungsnehmer in verschiedenen Sparten deutlich teurer.

Unisex-Tarife: Geschlechtsdiskriminierung aufgehoben

Der EuGH hat entschieden, dass Versicherungen künftig in Europa unabhängig vom Geschlecht stets denselben Betrag kosten müssen, Frauen also beispielsweise nicht weniger für eine Risikolebensversicherung bezahlen müssen, nur weil sie weniger riskant leben.

Das Urteil zu Unisex-Tarifen betrifft nahezu alle Versicherungssparten; im Falle der Risikolebensversicherung fallen die künftigen Preissteigerungen für Frauen jedoch drastisch aus. Altverträge bleiben zwar in ihrer Tarifstruktur erhalten, ab 21.12.2012 werden jedoch Frauen für eine neu abgeschlossene Risikolebensversicherung bis zu 55 % mehr bezahlen müssen als bisher.

Männer können eventuell mit einem Neuabschluss warten; für sie sollte es in Zukunft eigentlich billiger werden. Ob das wirklich so kommt, konnte Finanztest allerdings nicht eindeutig beantworten. Die Risikolebensversicherung versichert ausschließlich das Todesfallrisiko, nimmt aber keine Kapitalbildung vor. Sie wird zur Absicherung von Hinterbliebenen abgeschlossen, für die Aufnahme einer Eigenheimhypothek gilt sie als Grundvoraussetzung, wenn keine andere Lebensversicherung existiert.

Finanztest zu Unisex-Tarifen

Es gibt bei allen Versicherungen deutliche Preisunterschiede zwischen den Anbietern, was von Finanztest auch immer wieder thematisiert wurde. Im Falle der Risikolebensversicherung verlangt beispielsweise der teuerste Anbieter etwa das Dreifache vom preiswertesten Tarif einer anderen Versicherung.

Die Frage ist, wie sich die Strukturen durch die Einführung von Unisex-Tarifen ändern werden; Fachleute erwarten nichts Gutes. Denn wie die Kalkulation der Versicherungsunternehmen in Wahrheit aussieht und wo zum Beispiel Quersubventionierungen stattfinden, durchschaut niemand wirklich.

Es wäre also gut möglich, dass die Einführung der Unisex-Tarife von den Versicherungsgesellschaften dazu genutzt wird, insgesamt mehr oder weniger versteckte Preiserhöhungen durchzusetzen. In jedem Fall werden die Unisex-Tarife den Markt wohl deutlich aufmischen, bis sich allein durch den Wettbewerb zwischen den Gesellschaften im Verlauf der nächsten ein bis zwei Jahre neue Preisstrukturen etabliert haben.

Es wird durch Unisex-Tarife bei allen wichtigen Versicherungsarten deutliche Veränderungen geben, da ist sich Finanztest sicher. Absehbar ist diese Entwicklung jetzt schon, denn die meisten vorgestellten Unisex-Tarife liegen preislich nicht etwa in der Mitte bisheriger Tarife, sondern oft knapp unter den bislang teuersten Policenpreisen.