PKV: Unisex-Tarife für Bestandskunden bedenklich?

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom März diesen Jahres stellt die bisherige Praxis der privaten Krankenversicherung (PKV), Tarife für Männer vor allem aufgrund ihrer geringeren Lebenserwartung günstiger anzubieten als für Frauen, eine rechtswidrige Diskriminierung dar. Deswegen müssen auch alle deutschen privaten Krankenversicherer bis zum 21. Dezember 2012 ihr Beitragssystem auf Unisex-Tarife umstellen.

Unisex-Tarif auch für Bestandskunden?

Die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs wird wahrscheinlich nicht nur Folgen für neue Kunden der PKV haben, bei denen grundsätzlich Frauen mit niedrigeren und Männer mit höheren Einstiegstarifen rechnen müssen. Vielmehr existieren Überlegungen in der PKV-Branche, auch die Bestandskunden auf Unisex-Tarife umzustellen. Dies könnte über eine andere Verteilung der Altersrückstellungen vorgenommen werden.

Vielen Experten erscheint diese Maßnahme notwendig, um die Entwicklung zu verhindern, dass es aufgrund sehr viel preiswerterer Frauentarife zu einem massenhaften Wechsel von weiblichen PKV-Bestandskunden in die neuen Unisex-Tarife käme. Dies hätte dann zur Folge, dass sich wegen des starken Anstiegs des Frauenanteils im Kunden-Gesamtbestandder neue Unisex-Tarif schnell auf das hohe Niveau des alten Frauentarifs hin bewegen würde.

Continentale Vorstandsvorsitzender gegen Unisex-Tarife auch für Bestandskunden

Gegen die oben dargestellte Anwendung der Unisex-Tarife auch auf alte Kunden hat sich in der letzten Woche der Vorstandsvorsitzende der Continentale Krankenversicherung, Rolf Bauer, deutlich ausgesprochen. Er gab zu bedenken, dass eine veränderte Bewertung derAltersrückstellungen von Bestandskunden höchstwahrscheinlich verfassungswidrig sei, weil nicht in die erworbenen Ansprüche der Versicherten rückwirkend eingegriffen werden dürfe.

Stattdessen schlug er vor, die europäischen Vorgaben zu Unisex-Tarifen, die er im Übrigen für versicherungsmathematisch falsch hält, durch gänzlich neue Tarife umzusetzen. Bauer setzt dabei auf andere relevante Merkmale der Versicherten, mit Hilfe derer eine versicherungsmathematische Differenzierung der Unisex-Tarife zu bewerkstelligen sei. Die Bestandskunden und deren Rechte zu schützen, sei auch deswegen von enormer Wichtigkeit, um nicht Anlass zu neuen politischen Diskussionen um die PKV oder eine Bürgerversicherung zu geben.