Telefonieren im Ausland: Roaming verschwindet in der EU ab 2017

Telefonieren im Ausland
© Sascha Kohlmann / Flickr

Das Telefonieren im Ausland ist ab 15.07.2017 in Euro deutlich billiger möglich. Die EU-Staaten einigten sich im Juli 2015 darauf, das Roaming in der gegenwärtigen Form auslaufen zu lassen. Roaming verursacht die hohen Auslandskosten beim Telefonieren, SMS-Versenden und Surfen im Ausland.

Wegfall der Roaminggebühren ab 2017: Einschränkungen inklusive

Es wird Einschränkungen beim Wegfall der Roaminggebühren geben, denn die Anbieter befürchten einen Missbrauch durch Kunden, die sich im Ausland mit billigen Tarifen versorgen könnten und damit dauerhaft auch daheim über ausländische Netze telefonieren und surfen würden. Jedoch treten im Gegenzug erste Erleichterungen schon ab 2016 in Kraft. Wenn Nutzer daher häufiger über die EU-Grenzen hinweg mobil telefonieren, kann der Anbieter die Gebühren doch erhöhen. Bei gelegentlichen Reisen jedoch dürften die Kosten denen im Inland gleichen. Die genauen Details stehen noch aus (Stand: 10.07.0215). In einem ersten Zwischenschritt sinken die Roamingaufschläge ab dem 30.04.2016 sehr deutlich. Das Telefonat darf dann im EU-Ausland nur noch höchstens fünf Cent pro Minute (jetzt: 19 Cent) kosten, die SMS zwei Cent (derzeit sechs Cent), das MB Daten beim Surfen fünf Cent (jetzt: 20 Cent). Freikontingente können künftig – eventuell schon ab 2016, spätestens aber ab 2017 – wie daheim genutzt werden. Nur das “permanente Roaming” wird unterbunden. Das würde bedeuten, dass sich ein Nutzer eine SIM-Karte für einen ultragünstigen Tarif im Ausland besorgt und sie daheim nutzt. Es gibt Preisunterschiede in Europa. Dieses Vorgehen ist zwar nicht zu unterbinden, aber die Anbieter können bei einer bestimmten Datenmenge – unabhängig von deren Entstehen durch Telefonate, SMS oder Surfen – einen Aufschlag erheben. Dieser wird dennoch unter den gegenwärtigen Obergrenzen liegen.

Einigung zur Netzneutralität

Auch über die sogenannte Netzneutralität einigten sich die Vertreter der EU-Kommission. Diese bedeutet, dass Datenpakete im Internet unabhängig von ihrer Herkunft und Größe oder ihrem Inhalt stets gleichberechtigt behandelt werden. Das ist bisher nicht der Fall, weil eine EU-weite Regelung fehlt. Daher können sich Anbieter – zum Beispiel Fernsehsender – bislang mit Spezialtarifen die Datenvorfahrt erkaufen. Künftige Neuregelungen werden nur noch kritischen Daten etwa im medizinischen Bereich einen gewissen Vorrang einräumen.

Wann ist mit endgültigen Regeln zu rechnen?

Der jüngste Beschluss aus Brüssel wurde Anfang Juli 2015 nach langwierigen Verhandlungen bekannt gegeben, an denen Unterhändler aus allen EU-Staaten und Vertreter der Brüsseler EU-Kommission beteiligt waren. Der hier gefundene Kompromiss muss noch durchs Europäische Parlament, es ist also mit leichten Änderungen zu rechnen. Zudem stehen wichtige Details noch nicht fest, etwa die Höhe von Aufschlägen bei extensiver Auslandsnutzung und die Datenmengen, ab welchen diese erhoben werden. Diese Details sind höchst bedeutsam. Geschäftsreisende, die im Ausland ständig mit dem Laptop unterwegs sind und gern mobil ins Netz möchten, könnten auf einmal sehr stark aus dem Ausland arbeiten, was sie bislang wegen der Gebühren vermieden haben.

Was bedeuten die Neuregelungen für die europäischen Verbraucher und die Wirtschaft?

Die Regelungen sind revolutionär, denn ein großer Teil der heutigen Wirtschaftstätigkeit findet entweder ausschließlich online statt oder stützt sich sehr stark auf das Netz. So gibt es Freiberufler und Gewerbetreibende, die ausschließlich mit einem Laptop bewaffnet im Internet arbeiten. Betreiber von Online-Shops gehören ebenso dazu wie deren Werbepartner (Affiliates), aber auch eine große Gruppe von Webworkern (Webdesigner, Autoren, andere Online-Dienstleister) braucht nur noch das Netz und nichts sonst. Wenn Roaming ganz verschwände, könnten diese Berufstätigen in Ruhe mit dem Wohnmobil durch Europa reisen und nebenher arbeiten. Die Erleichterungen für den Urlaub im europäischen Ausland stellen ebenso eine sehr große Entlastung dar, denn künftig könnten Privatleute unbefangen aus dem Ausland mit den Lieben daheim telefonieren, SMS und Mails versenden sowie skypen.

Wie hat sich das Roaming entwickelt?

Die meisten Menschen erinnern sich nicht so genau, aber die Roaming-Gebühren sinken schon seit Jahren. Wer seit den 1990er Jahren bis 2008 im europäischen Ausland unterwegs war, überlegte sich seine mobilen Aktivitäten dreimal. Die Kosten waren enorm und wurden ständig kritisiert. Vor 2007 konnten bei einzelnen Anbietern Minutenpreise von 60 bis 80 Cent entstehen, dann wurden sie für abgehende Anrufe auf 49 Cent gesenkt, ab 2008 waren es 46 Cent. Auch für ankommende Anrufe mussten immer noch 22 Cent gezahlt werden. Das war eigentlich der schlimmste Fakt, denn wer sich im Ausland aufhielt und für dringende Fälle das Handy anlassen wollte, musste auch mit ungewollten Anrufen rechnen und dafür teuer bezahlen. Die Betroffenen – meist Geschäftsleute – regelten das über komplizierte Rufumleitungen, damit sie niemand im Ausland “erwischt”. Seit dem Sommer 2009 schließlich mussten genau wegen solcher Fakten die passiven Roaminggespräche sekundengenau abgerechnet werden. Der Trend geht nun zu einem endgültigen Wegfall von Auslandsgebühren in Europa.