Urteil zu Online-Bezahlverfahren: Vielfalt wird gerichtlich gefordert

Online Bezahlung
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Ein Frankfurter Gericht hat im Juli 2015 entschieden, dass Kunden beim Einkauf im Internet die Wahl unter mehreren Bezahlverfahren haben müssen, die entweder alle kostenlos sind oder alle dasselbe kosten. Es ging konkret um ein Angebot der Deutschen Bahn AG, bei dem nur die Sofortüberweisung kostenlos möglich war. Das hält das Frankfurter Landgericht für unsicher – mit einer Begründung, die viele Verbraucher verunsichern dürfte.

Aufregung aus Frankfurt

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 2-06 O 458/14 vom Landgericht Frankfurt löst unter den Millionen Einkäufern im Internet Aufregung aus, denn seine Begründung wirkt besorgniserregend. Die Richter hatten geurteilt, dass der DB Vertrieb – Tochter der Deutschen Bahn AG – nicht länger als einzige kostenlose Zahlart den Abbuchungsdienst “Sofortüberweisung” bei Flugbuchungen offerieren darf. Kläger war der Bundesverband der deutschen Verbraucherzentralen, der sich daran störte, dass über das Reiseportal start.de für die Buchung und Bezahlung eines innerdeutschen Fluges – im vorliegenden Fall für 120 Euro – nur entweder kostenlos die Sofortüberweisung oder kostenpflichtig die Kreditkarte für immerhin 12,90 Euro (über 10 % des Gesamtpreises) zur Verfügung standen. Dieses begrenzte Angebot an Bezahlwegen mit dem deutlichen Kostennachteil bei der Nutzung einer Kreditkarte monierten die Richter am Landgericht Frankfurt/Main. Sie stellten dabei einen Verstoß gegen die Vorschrift von § 312a BGB fest, der die Möglichkeit einer “gängigen und zumutbaren unentgeltlichen Zahlungsmöglichkeit bei allen Kaufvorgängen” explizit formuliert. Nebenher wirft dieses Urteil die Frage nach Bezahlvarianten im Netz auf, die aktuell auf europäischer Ebene stark diskutiert wird.

Warum ist die Sofortüberweisung so kritisch?

Das Gericht hält nur die Barzahlung, die EC-Karte, eine Überweisung durch den Kunden oder den Lastschrifteinzug für stets zumutbar und sicher. Schon Kreditkarten sind aus Sicht der Richter nur dann akzeptabel (aber nicht per se sicher), wenn ihr Einsatz zu der Zahlsituation faktisch gehört. Das bedeutet, dass er “weithin üblich ist”. Außerdem müssen mehrere gängige Kredit- und Zahlungskarten verwendbar sein, und das unentgeltlich. Es gibt solche Szenarien beispielsweise beim Buchen eines Mietwagens, hier funktionieren viele Vorab-Reservierungen außerhalb der Geschäftszeiten wirklich nur mit Kreditkarte (nicht mit EC-Karte). Ansonsten sind Kreditkarten aber nicht unbedingt sicher, denn bei einem Diebstahl kann der Dieb vor der Sperrung damit unbekümmert einkaufen, wenn er Daten des Besitzers kennt. Mindestens ebenso kritisch sehen die Frankfurter Richter die Sofortüberweisung. Diese wird technisch durch einen Betreiber durchgeführt, der auf diese Weise Einblick in sensible Kontoinformationen eines Kunden erhält. Bei der Sofortüberweisung gibt der Kunden in eine Eingabemaske beim Händler seine Bankverbindung, den Zugriffscode, die PIN und zuletzt eine TAN ein. Das sind unglaublich empfindliche Daten. Die eigene Bank überweist dann das Geld zum Händler, doch der Sofortüberweisungs-Dienstleister könnte die Daten abgreifen. Die Händler und auch viele Kunden lieben das schnelle Verfahren, die Juristen halten es für unsicher. Es gehört aber neben dem Rechnungskauf, der Vorkasse, Paypal und der Kreditkarte zu den beliebtesten Zahlverfahren. Die Urteilsbegründung aus Frankfurt wirft nun erstmals ein sehr kritisches Licht auf dieses Verfahren, das viele Verbraucher verunsichern dürfte. Das Gericht vertrat in seiner Urteilsbegründung die Auffassung, dass “erhebliche Risiken” durch eine PIN- und TAN-Eingabe entstehen. Die Datensicherheit sei gefährdet, so die Richter, es gäbe “erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten”. Nur führten die Richter ihre konkreten Sicherheitsbedenken nicht weiter aus, auch lehnten sie die Sofortüberweisung nicht per se ab. Es müsse nur weitere kostenlose Verfahren geben.

Tenor des Urteils

Das Urteil wird vom grundsätzlichen Tenor getragen, dass Kunden durch die Preisdifferenz zwischen den hohen Kosten bei der Kreditkartenzahlung und der kostenlosen Sofortüberweisung zur unsicheren Datenübermittlung “gezwungen werden”. Diesen Tenor begrüßten die Verbraucherschützer. Das Gericht habe die “Entscheidungsfreiheit von deutschen Verbrauchern verteidigt”, sagte die VZBV-Rechtsreferentin Kerstin Hoppe in einem ersten Statement. Es müsse möglich sein, dass Verbraucher ohne Preisgabe von sensiblen Daten ihre Zahlungen kostenlos durchführen können. Damit wäre die sicherste Variante eigentlich das Bargeld, das bei Online-Käufen naturgemäß eher selten zum Einsatz kommt. Es ist möglich, eine Online-Bestellung in einer Filiale bar zu bezahlen, doch das geschieht eher selten. Auch die Einzugsermächtigung soll demnach recht sicher sein, die Sofortüberweisung durch die Einschaltung der dritten Partei – des Dienstleisters Sofort GmbH – hingegen nicht. Die Deutsche Bahn will dennoch in Berufung gehen. Es müsse der schnelle Zahlungsweg per Sofortüberweisung bei kurzfristigen Flugbuchungen gewahrt bleiben. Die Sofort GmbH äußerte sich ebenfalls zum Vorwurf, ihr Verfahren sei nicht sicher. Ihr Geschäftsführer Jens Lütcke bestritt das, er verwies auf ein “subjektives Empfinden” der Frankfurter Richter.