Versicherungen: Was brauchen wir wirklich?

Berufsunfähigkeitsversicherung Mit 7 Tipps zum passenden Versicherer
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Nichts ist sicher, aber sicher ist sicher: So könnte man das Motto der Deutschen umschreiben, wenn es um Versicherungen geht. Sie versichern sich lieber einmal zu viel als zu wenig, wozu die ausgefeilte und gut vermarktete Versicherungslandschaft zweifellos beiträgt. Jedoch macht den Verbrauchern das Dickicht der Versicherungsprodukte einen Strich durch die Rechnung, denn es fällt ganz objektiv immer schwerer, zwischen nötigen, manchmal wichtigen und eher überflüssigen Versicherungen zu unterscheiden.

Drei Kategorien von Policen

Verbraucherschützer und Finanzexperten verweisen einheitlich auf drei prinzipielle Kategorien von Versicherungen. Diese Einteilung ist plakativ, aber sie hat etwas für sich:

  • Erste Kategorie: Diese Versicherungen brauchen wir, nicht umsonst schreibt sie der Gesetzgeber teilweise vor. Die Krankenversicherung zählt dazu, die Rentenversicherung, die Reisekrankenversicherung bei Reisen in bestimmte Länder (ohne Sozialabkommen mit Deutschland), aber auch die Privathaftpflichtversicherung, die Kfz-Haftpflicht und nicht zuletzt die Wohngebäudeversicherung. Achtung: Nicht alle diese Policen sind gesetzlich vorgeschrieben, jedoch meinen Experten, einige (wie die Privathaftpflicht) sollten es durchaus sein.
  • Zweite Kategorie: Diese Versicherungen müssen (sollten) Menschen mit dem entsprechenden Bedarf abschließen. Das prominenteste Beispiel ist die Tierhalterhaftpflichtversicherung. Sie ist billig, der Schaden ohne sie kann einen Menschen finanziell bis ans Lebensende vernichten. Eine private Krankenzusatzversicherung beziehungsweise deren spezieller Baustein der Zahnzusatzversicherung ist Menschen mit erwartbaren zahntechnischen Problemen (Vorbild sind die Eltern) dringend anzuraten. Eigenheimfinanzierer brauchen eine Lebensversicherung (die preiswerte Risikolebensversicherung kann genügen), sonst erhalten sie keinen Kredit. Die Teilkasko für das Kraftfahrzeug ist bei jüngeren Autos ebenfalls empfehlenswert, auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung schadet niemandem. Zu nennen wären außerdem die Hausratversicherung und eine private Rentenversicherung oder private Kapitallebensversicherung als zusätzliche Vorsorge, wenn es keine anderen Sparanlagen gibt.
  • Dritte Kategorie: Diese Versicherungen gelten als überflüssiger Luxus und manchmal als vollkommen unsinnig. Auch hierfür gibt es ein prominentes Beispiel, nämlich die Kreditausfallversicherung. Das kann sich jedermann sparen. Diese Versicherung treibt die Kreditkosten auf das Doppelte, was aber nicht gleich zu erkennen ist, weil die Versicherungskosten laut PAngV (Preisangabenverordnung) nicht in den effektiven Jahreszins einfließen dürfen. Würden sie dort ausgewiesen, wäre dieser Zinssatz auf einmal doppelt so hoch. Doch was passiert denn wirklich, wenn eines der versicherten Risiken eintritt, also Arbeitslosigkeit, Tod des Kreditnehmers oder Berufsunfähigkeit? Nicht viel: Der Kredit fällt aus, wird gestundet, aus anderen Mitteln bedient oder von den Erben als Erbe ausgeschlagen, wenn ihm kein Vermögen gegenübersteht. Gegen die versicherten Risiken sind die Menschen auch anderweitig versichert (zum Beispiel durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung), oder es gibt ohnehin keine Hilfe. Wer erwartbar in Schwierigkeiten geraten könnte, weil der Job nicht sehr sicher ist, sollte keinen Kredit aufnehmen. Diese Versicherung ist so etwas wie ein Vollkaskoschutz für ein betagtes Auto. Auch dieser ist vollkommen überflüssig.

Wie versichert man sich richtig?

Immer wieder verweisen Verbraucherzentralen darauf, dass die meisten Menschen zur gleichen Zeit über- und unterversichert sind. Sie können die Risiken in bestimmten Lebensbereichen einfach nicht richtig einschätzen. Ein einfaches Beispiel für die überflüssige Versicherung: Ein Ehepaar in den späten Fünfzigern möchte sich ein neues Auto anschaffen und hierfür einen Kredit aufnehmen. Den vorherigen Wagen haben die guten Leute über ein Jahrzehnt gefahren, beim Verkauf konnten sie die Anzahlung für das nächste Auto erzielen. Dieses soll ein neuer Mittelklassewagen sein, der über den Rentenbeginn hinaus genügt, vielleicht sogar über das 70. Lebensjahr hinaus. Danach will der Ehemann nicht mehr mit dem Auto fahren, es wäre also das letzte Auto ihres Lebens. Das wird eine Stange Geld kosten, das Ehepaar kalkuliert mit 25.000 Euro plus Anzahlung aus dem Verkauf des Altfahrzeugs. Beide sind voll berufstätig. Die Bank gibt ihnen den Kredit, lässt ihn über sechs Jahre zu 3,9 % Zinsen laufen und schwatzt ihnen eine Kreditausfallversicherung auf, die eigentlich einen zusätzlichen Zinssatz von 3,2 % bedeutet, was aber – siehe oben – nicht so schnell zu erkennen ist. Papa wundert sich nur über die hohe Monatsrate, in welcher die Versicherung enthalten ist. Dabei steht dem Kredit, wenn er ausfallen würde, das Fahrzeug gegenüber, außerdem haben die beiden eine Festgeldanlage, die sie nur nicht anrühren wollen und können, wenn sie nicht die Zinsen verlieren wollen. Im Notfall stünde sie aber zusätzlich bereit. Die Versicherung ist komplett überflüssig und kostet sage und schreibe 2.510 Euro.

Die fehlende Versicherung

Gleichzeitig schafft sich unser Ehepaar einen winzigen Hund an, zum ersten Mal in ihrem Leben. Auf die Tierhaftpflichtversicherung verzichten sie, was soll mit dem kleinen Wollknäuel denn passieren? Dieses läuft über die Straße, ein Autofahrer bremst scharf, eine Radfahrerin kommt zu schwerem Schaden und wird Invalidin. Unser Ehepaar haftet voll und ist ab sofort insolvent, das schöne neue Auto wird sofort einkassiert, die Festgeldanlage natürlich auch und jeder weitere Besitz, der nicht niet- und nagelfest ist.